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Betriebliches Gesundheitsmanagement | BMW und die Gesundheit der Führungskräfte

Düsseldorf, 28.09.2015 13:26 Uhr (Gastautor)

Im modernen betrieblichen Gesundheitsmanagement spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle, denn sie prägen mit ihrem Verhalten die Kultur und Arbeitsatmosphäre in ihren Bereichen. Außerdem haben sie für ihre Mitarbeiter eine Vorbildfunktion. Dieses Bewusstsein vermittelt das Unternehmen BMW seinen Führungskräften unter anderem in einem Weiterbildungsprogramm.

Viele Unternehmen spüren bereits die Folgen des demographischen Wandels unter anderem in Form eines Mangels an jungen Fachkräften sowie alternder Belegschaften - und als Folge davon höherer Krankenstände sowie einer steigenden Zahl von Mitarbeitern, die alters- oder verschleißbedingt einen speziellen Arbeitsplatz benötigen oder nur noch eingeschränkt einsetzbar sind. Zugleich wächst der Effizienzdruck, der aufgrund des Wettbewerbs auf den Unternehmen lastet; außerdem der Veränderungs- und Innovationsdruck, da unter anderem der technische Fortschritt im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien neue Problemlösungen und Formen der (Zusammen-)Arbeit ermöglicht und erfordert.

Die jährlichen Berichte der Krankenkassen belegen die negativen Folgen dieser Entwicklungen für die Gesundheit der Arbeitnehmer. Sie schlägt sich vor allem in einer deutlichen Zunahme der psychischen und chronischen Erkrankungen nieder - was sich auch negativ auf die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse auswirkt.

Ziel betriebliches Gesundheitsmanagement: Präventiv aktiv sein

Deshalb verfolgen viele Unternehmen bereits seit Jahren im Bereich Gesundheitsförderung einen pro-aktiven Ansatz. Das heißt, ihr Betriebliches Gesundheitsmanagement-System orientiert sich nicht an dem negativen Präventionsverständnis „Krankheit vermeiden“, sondern an dem positiven Ansatz und Ziel „die Gesundheit der Mitarbeiter fördern und bewahren“. Entsprechend umfassend ist die Palette von Maßnahmen, die viele (Groß-)Unternehmen ihren Mitarbeitern und Führungskräften zum Fördern und Bewahren ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit offerieren.

Dabei gilt jedoch: Wie aktiv und intensiv die Mitarbeiter diese Angebote nutzen, hängt auch stark davon ab, inwieweit sie diese auch als persönlichen Gewinn erfahren - beruflich und privat. Und dies wird wiederum davon beeinflusst, inwieweit ihre Führungskräfte ein gesundheitsförderndes und -bewahrendes Verhalten zeigen und propagieren. Deshalb spielen in allen modernen Gesundheits-management- und -förder-Systemen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle - denn sie prägen durch ihre Entscheidungen und ihr Verhalten die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter. Außerdem haben Führungskräfte stets eine Vorbildfunktion für ihre Mitarbeiter.

Ziel: ein gemeinsames Gesundheitsbewusstsein

Das erkennen immer mehr Unternehmen. Also vermitteln sie in Weiterbildungsprogrammen ihren Führungskräften das entsprechende Bewusstsein und Können. So müssen zum Beispiel beim Autohersteller BMW, nachdem es zuvor bereits ein entsprechendes Weiterbildungsprogramm für die außertariflichen Führungskräfte gab, seit 2014 auch alle tariflichen Führungskräfte der operativen Ebene verbindlich ein dreitägiges Seminar zum Thema „Gesund führen“ besuchen, das der Konzern mit Unterstützung des Machwürth Teams entwarf. So fördert das Unternehmen hierarchie- und bereichsübergreifend ein gemeinsames Verständnis dafür, was „gesund führen“ im Führungsalltag konkret bedeutet.

Bei der Konzeption der drei Module, aus denen das Seminar besteht, war es BMW wichtig, dass sich in ihm folgende drei Ebenen des Lernens verzahnen:

Deshalb wird in den Seminaren sehr intensiv mit den eigenen Erfahrungen der Teilnehmer sowie Beispielen und Situationen aus deren Führungsalltag gearbeitet.

Modul 1: Die Führungskraft als Vorbild - Selbstverantwortung stärken

Führungskräfte müssen positive Vorbilder für ihre Mitarbeiter sein, denn an ihnen orientieren die Mitarbeiter ihr Verhalten. Das heißt, wenn Führungskräfte von ihren Mitarbeitern wünschen oder erwarten, dass diese gewisse Werte leben, dann müssen sie ihnen das entsprechende Verhalten vorleben. Das gilt auch für das Thema Gesundheit. Daraus folgt: Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter zu einem gesundheitsfördernden Verhalten motivieren möchten, dann sollten sie in der Regel zunächst ihr eigenes Verhalten hinterfragen:

Sich mit solchen Fragen aktiv zu befassen, ist gerade für Führungskräfte auf der operativen Ebene wichtig, denn aufgrund ihrer „Sandwich-Position” in der Organisation sind sie nicht nur mit sehr vielen Anforderungen und Erwartungen konfrontiert, sondern auch solchen, die sich teils widersprechen. Entsprechend groß ist der Druck, der auf ihnen lastet, und entsprechend konfliktgeladen können die Herausforderungen sein, vor denen die Führungskräfte stehen. Deshalb dreht sich das Modul 1 vorrangig um folgende Fragen: Diese Fragen werden in Modul 1 mit Hilfe folgender Konzepte und Übungen diskutiert und bearbeitet:
BMW Gesundheitsmanagement Führungskräfte

Abb. 1: Die 7 Säulen für innere Stärke und Widerstandskraft

Modul 2: Führungsverantwortung für Mitarbeiter leben

Führungskräfte sind dafür verantwortlich, dass ihr Bereich seinen Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele leistet. Zugleich haben sie jedoch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern. Bereits im Jahr 2000 wies Prof. Peter Nieder von der Helmut-Schmidt Universität in Hamburg in seiner berühmten VW-Studie nach: „Eine Führungskraft nimmt ihren Krankenstand mit, wenn sie versetzt oder befördert wird.“ Das zeigt: Beim Fördern und Bewahren der Gesundheit ihrer Mitarbeiter spielen die Führungskräfte - bewusst oder unbewusst - eine zentrale Rolle. Denn mit ihrem (Nicht-)Tun sowie ihrem Führungs- und Kommunikationsstil beeinflussen sie das Arbeitsklima in ihrem Bereich und lenken das Empfinden und Befinden ihrer Mitarbeiter und Teams.

Deshalb stehen in diesem Modul Fragen zentral wie:

Inhaltliche Konzepte und Themen, die in Modul 2 bearbeitet werden, sind zum Beispiel (Abb. 2):
BMW Führungskräfte Gesundheit Werkzeugkoffer

Abb. 2: Werkzeugkoffer „Gesundheitsgerechte Führung“

Modul 3: Der Rahmen - ein funktionierendes Unterstützungssystem

Führungskräfte sind wichtige Schlüsselpersonen, wenn es um das Schaffen einer gesundheitsfördernden Kultur in ihren Bereichen geht. Doch hierbei benötigen sie Unterstützung. Deshalb geht es im letzten Modul vor allem darum, auf welche Ressourcen die Führungskräfte hierbei im Unternehmen zurückgreifen können und wie Synergien zwischen den verschiedenen Förder- und Unterstützungsmaßnahmen geschaffen werden können.

Das Konzept der Salutogenese (Abb.2), das davon ausgeht, dass bestimmte Faktoren die Widerstandskraft von Menschen erhöhen und ihre Gesundheit bewahren, bietet mit seinen drei Grundsäulen

gute Handlungsansätze für ein gesundheitsgerechtes und -förderndes Gestalten der (Zusammen-)Arbeit in einem Bereich. Zum Unterstützungssystem der Führungskräfte zählen insbesondere deren eigene Vorgesetzte; des Weiteren fachlich kompetente Ansprechpartner aus dem Bereich Personal, aber auch bei der Arbeitnehmervertretung.

Das Unterstützungssystem vieler (Groß-)Unternehmen, so auch bei BMW, ist in Bezug auf eine nachhaltige Gesundheitsförderung sehr breit aufgestellt. Es umfasst außer den gesetzlich geregelten Arbeitsschutz- und -sicherheitsmaßnahmen unter anderem folgende Elemente:

Für eine nachhaltige Gesundheitsförderung in Unternehmen ist es jedoch nicht primär ausschlaggebend, wie umfassend und umfangreich das Unterstützungssystem ist. Mindestens ebenso wichtig ist, wie gut die unterschiedlichen Akteure vernetzt sind und wie intensiv und selbstverständlich die Angebote genutzt werden. Deshalb diskutierten in diesem Modul auch Werksärzte mit den Führungskräften gesundheitsrelevante Fragen und Probleme.

4. Fazit

Führungskräfte beeinflussen - bewusst oder unbewusst - das Wohlbefinden und somit die Arbeitszufriedenheit und -motivation ihrer Mitarbeiter. Also haben sie auch eine Mitverantwortung für deren Gesundheit. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, benötigen sie das erforderliche Rüstzeug und die nötigen Werkzeuge. Außerdem ist eine kompetente Begleitung und Unterstützung von ihnen, sei es durch ihre Vorgesetzten und/oder Gesundheitsexperten, nötig. Denn nur dann können sie sich selbst und andere achtsam sowie gesundheitsfördernd und -bewahrend führen.

Das ist dem Unternehmen BMW bewusst; ebenso, dass die Ursachen für Gesundheit und Krankheit sehr vielfältig und individuell verschieden sind. Deshalb verfolgt es beim betrieblichen Gesundheitsmanagement einen ganzheitlichen, integrativen Ansatz. In ihm spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle, weil sie die Treiber einer entsprechenden Kulturentwicklung sind. Das setzt bei den Führungskräften außer einem gewissen Selbstverständnis auch gewisse Kompetenzen voraus. Das ist dem Unternehmen BMW bewusst. Deshalb entwickelt es diese bei seinen Führungskräften gezielt und mit System.

Zu den Autorinnen:

Dr. Sarina Keiser (li) und Ute Leopold (re)
Dr. Sarina Keiser (li) und Ute Leopold (re)

Die beiden Autorinnen arbeiten als Senior Consultants für das Trainings- und Beratungsunternehmen Machwürth Team International, Visselhövede. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen unter anderem in der Führungskräfteentwicklung und im Betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Dr. Sarina Keiser ist Dipl. Psychologin sowie Trainerin und hat eine systemische Ausbildung als Organisationsberaterin und Coach absolviert.

Ute Leopold ist Betriebswirtin, Trainerin sowie systemische Organisationsberaterin und verfügt über langjährige Erfahrungen als Führungskraft.

 

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