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Die Wege zum Staatsgeld -auch Arcandor muss sich an Regeln halten

Berlin, 08.06.2009 21:32 Uhr (FS)

Mit den Konjunkturpaketen I und II wurde das Kredit- und Bürgschaftsprogramm des Bundes für in Not geratene Unternehmen entwickelt. Arcandor macht u.a. zum Erhalt der Karstadt Kaufhäuser das Spießrutenlaufen um frisches Kapital durch. Lesen Sie, um welche Staatshilfen es sich handelt und wie die Bewilligung funktioniert.

Ein wenig überrascht werden die Vorstände bei Arcandor schon gewesen sein. Da lehnt die Bundesregierung einen Bürgschaftsantrag ab. Und das nach der Zusage an Opel. Schließlich ginge es ja auch bei Arcandor um viele tausend Arbeitsplätze. Das Erbe, welches Karl-Gerhard Eick von seinem Vorgänger Thomas Middelhoff übernommen hat, wiegt schwer.

Die Wege zum Geld

Das deutsche Unternehmen dringend frisches Kapital benötigen liegt auf der Hand: Nach Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium Hartmut Schauerte, liegen Anträge in Höhe von insgesamt 4,5 Milliarden Euro für das Kredit- und Bürgschaftsprogramm des Bundes vor. Davon ca. 1,9 Milliarden Euro aus dem Mittelstand und über 2,5 Milliarden Euro von großen Unternehmen (Stand 19. Mai 2009).

Programme der Bundesregierung
Aus den Konjunkturpaketen (I und II) wurde ein 115 Milliarden Euro schweres Kredit- und Bürgschaftsprogramm entwickelt; der "Wirtschaftsfonds Deutschland“. Aus dem Kredit- und Bürgschaftsprogramm, dotiert mit einem Volumen von 115 Milliarden Euro, können die Unternehmen notwendige Mittel für ihre Investitionen und zur Aufrechterhaltung ihrer Liquidität erhalten. Rund 42 Prozent der bestehenden Kreditanträge sind auf eine Investitionsfinanzierung ausgerichtet. Ein Anteil in Höhe von 58 Prozent für Betriebsmittelkredite zeigt, dass Unternehmen aktuell großen Bedarf haben, um die jetzt notwendigen Anpassungen zu finanzieren und die Zeit bis zu einer Normalisierung der Märkte zu überbrücken.

Arcandor hat zwei Wege zum Erhalt von frischem Kapital eingeschlagen: 1. Angesichts der Signale aus Brüssel, wonach es sich bei der Arcandor AG bereits vor dem 1. Juli 2008 um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelte, hat das Unternehmen am 4. Juni 2009 einen Antrag auf eine Rettungsbeihilfe gestellt. 2. Unbeschadet dessen hielt das Unternehmen an seinem ursprünglichen Antrag auf Mittel aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" fest.

Arcandor hatte zunächst eine Bürgschaft für 650 Millionen Euro und einen Kredit von 200 Millionen Euro beantragt. Dieser Antrag wurde mit folgender Begründung abgelehnt: "Das Unternehmen ist nicht erst aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise (Stichtag 1. Juli 2008) in Schwierigkeiten geraten. Auch überzeugt das vorgelegte Sanierungskonzept nicht. Deshalb ist das Kredit- und Bürgschaftsprogramm aus dem so genannten Deutschlandfonds ausgeschlossen“, teilt der Bürgschaftsausschuss in Berlin mit.

Voraussetzungen zum Erhalt von Geldern aus dem Wirtschaftsfonds
1. Die Gelder aus dem Fonds sollen Unternehmen aller Größenordnungen unabhängig von der Branche zugute kommen. Grundsätzlich ausgenommen sind nur Unternehmen, die einen eigenen Zugang zum Kapitalmarkt haben.

2. Ein Unternehmen kann einen Antrag auf Bundesbürgschaft oder einen Antrag für einen KfW-Sonderkredit jeweils bei der Hausbank stellen. Der Bürgschaftsantrag wird an den so genannten Bürgschaftsausschuss, der Antrag für den KfW-Kredit an die KfW weitergeleitet, Die Auszahlung erfolgt über die Hausbank des Unternehmens.

3. Die Verwaltung des Fonds hat ein zentrales Gremium. Dieses ist ein Lenkungsausschuss zur Unternehmensfinanzierung, dem beratend ein Lenkungsrat zur Seite steht. Der Lenkungsausschuss wird aus Staatssekretären des Wirtschafts-, des Finanz- und des Justizministeriums sowie Vertretern des Bundeskanzleramtes gebildet. Den Vorsitz hat das Bundeswirtschaftsministerium inne. Der Lenkungsausschuss entscheidet ab einer bestimmten Größenordnung und in Fällen grundsätzlicher Bedeutung, ob eine Förderung gewährt wird. Alle anderen Fälle werden bei der KfW und im Bürgschaftsausschuss entschieden.

Ein nach der Absage erneut gestellter Kreditantrag über 437 Millionen Euro wurde ebenfalls abgelehnt. Dazu teilt Arcandor in einer Stellungnahme mit: "Die Arcandor AG hat zur Kenntnis genommen, dass die beantragte Rettungsbürgschaft über 437 Millionen Euro nur dann gewährt wird, wenn es über die bereits vorhandenen Zusagen weitere Beiträge von Eigentümern, Banken und Vermietern gibt. Aus diesem Grund wird der Vorstand heute Abend (08. Juni 2009) und im Laufe des morgigen Vormittags erneut die Gespräche mit den Beteiligten suchen, um alle Möglichkeiten für eine weitere Aufstockung der Zusagen auszuloten und das Verfahren offen zu halten.

Forderung der Bundesregierung
Eine kurzfristige Lösung für wenige Monate lehnte Bundeskanzlerin Angela Merkel ab und betonte: "Ohne eine Zukunftsperspektive ist die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen überhaupt nicht denkbar." Merkel vermisst insbesondere ausreichende Bemühungen der Eigentümer um eine Lösung.

"Ohne eigenes Engagement der Eigentümer kann die öffentliche Hand ein derart hohes Risiko nicht übernehmen. Bislang sind die Eigentümer ein klares Signal schuldig geblieben, dass sie bereit sind, selbst Verantwortung für das Unternehmen zu übernehmen", heißt es weiter.

"Wir erwarten, dass die Alteigentümer ihrer Verantwortung auch gerecht werden", erklärte der stellvertretende Regierungssprecher, Thomas Steg.

Alle Maßnahmen des Konjunkturpakets II im Überblick

Internetseite des Bundesfinanzministeriums.

www.wirtschaftsfonds-deutschland.de

www.investitionspaket.kfw.de

(Quellen: Arcandor;Bundesregierung;Bundesfinanzministerium)
(Foto: Gerd Altmann;PIXELIO)

 

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