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PwC-Studie: Wirtschaftskriminalität bei Handels- und Konsumgüterunternehmen

Frankfurt/Main, 07.08.2008 09:06 Uhr (redaktion)

Handels- und Konsumgüterunternehmen werden in Deutschland besonders oft Opfer von Wirtschaftskriminalität. 56 Prozent der Branchenunternehmen erlitten zwischen Frühjahr 2005 und Frühjahr 2007 Schäden durch Betrug, Unterschlagung, Produktpiraterie, Korruption und andere Delikte.

Zu diesen Ergebnissen kommt die Analyse "Wirtschaftskriminalität in Handel und Konsumgüterindustrie - Deutsche Unter­nehmen unterschätzen Risiken" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Häufigste Delikte: Betrug und Unterschlagung
Betrug und Unterschlagung sind die häufigsten Straftaten in der Handels- und Konsumgüterbranche. Fast jedes zweite Unternehmen (45 Prozent) war von diesen Delikten in der Regel mehrmals betroffen. Dennoch glaubt nicht einmal jeder fünfte Befragte (17 Prozent), in den kommenden zwei Jahren Betrugs- oder Unterschlagungsopfer zu werden. So will knapp jedes dritte Unternehmen der Branche keine neuen Schutzvor­kehrungen gegen Betrug und Unterschlagung treffen. Die befragten Handels- und Konsumgüterunternehmen agieren damit deutlich sorgloser als ihre Wettbewerber im Ausland. So halten in Westeuropa nur 25 Prozent der Unternehmen ihre Abwehrmaßnahmen für ausreichend, in Nordamerika sogar nur elf Prozent.

Produktpiraterie und Industriespionage trifft jedes vierte Unternehmen
Produktpiraterie und Industriespionage treffen deutsche Handels- und Konsumgüterunternehmen im internationalen Vergleich überdurchschnittlich häufig. Gut jedes vierte Unternehmen (27 Prozent) deckte vom Frühjahr 2005 bis 2007 mindestens ein Delikt dieser Art auf, in Westeuropa taten dies lediglich 17 Prozent und weltweit 18 Prozent der Branchenunternehmen. Auch diese Straftaten werden in Deutschland unterschätzt: Nur 14 Prozent der befragten Unternehmen halten es für wahrscheinlich, in den nächsten zwei Jahren durch Produktpiraterie oder Industriespionage geschädigt zu werden. Entsprechend halten fast 60 Prozent ihre bestehenden Abwehrmaßnahmen in Deutschland für ausreichend.

Der geringe Stellenwert, den die Befragten der Abwehr von Produktpiraterie und Industriespionage einräumen, hängt möglicherweise auch mit den auf den ersten Blick niedrigen Schadensummen zusammen. So beziffern die Unternehmen den durchschnittlichen Verlust auf 232.000 Euro, in gut jedem zehnten Fall lag die Schadensumme jedoch zwischen einer und zehn Millionen Euro. Dabei wird aber leicht übersehen, dass mit diesen Delikten mittelbare Schäden für die Marke und andere Werte des Unternehmens entstehen. So berichteten über 90 Prozent der von Produktpiraterie oder Industriespionage betroffenen Unternehmen über indirekte Folgeschäden, bei 14 Prozent waren diese gravierend.

Mangelhafte Korruptionsbekämpfung
Etwa jedes zwölfte Unternehmen (acht Prozent) der deutschen Handels- und Konsumgüterbranche deckte in den vergangenen zwei Jahren einen oder mehrere Korruptionsfälle auf. Damit ist Korruption zumindest auf den ersten Blick ein weniger bedeutsames Delikt in Deutschland - weltweit meldeten 14 Prozent der Händler und Konsumgüterhersteller Korruptionsfälle. Alarmierend ist jedoch, dass 17 Prozent der Befragten in einer Situation waren, in der nach ihrer Einschätzung die Zahlung von Bestechungsgeld erwartet wurde. Branchenübergreifend bestätigten dies in Deutschland lediglich 13 Prozent der Unternehmen, in der Handels- und Konsumgüterbranche in Nordamerika acht Prozent und in Westeuropa sieben Prozent der Befragten. Angesichts dieser Situation ist es überraschend, dass es in Deutschland bislang kaum systematische Vorkehrungen gegen Korruption in Handels- und Konsumgüterunternehmen gibt. Gerade einmal sechs Prozent der befragten Branchenunternehmen verfügen über ein Anti-Korruptionsprogramm, in Westeuropa trifft dies hingegen auf 22 Prozent und weltweit auf 26 Prozent der Wettbewerber zu.

Täter sind selten unbekannt
Ebenso wie in anderen Branchen stammen die meisten Täter in der Handels- und Konsumgüterbranche aus den geschädigten Unternehmen selbst. Bei knapp vier von zehn Befragten wurden die entdeckten Delikte von Mitarbeitern begangen, bei weiteren zehn Prozent waren Beschäftigte maßgeblich an Straftaten beteiligt. Über­durchschnittlich hoch ist dagegen der Anteil der Unternehmen, die durch Kunden, Lieferanten und andere Geschäftspartner geschädigt wurden. Externe, mit dem Unternehmen vertraute Täter schädigten 43 Prozent der Branchenunternehmen, aber nur 27 Prozent aller Befragten in Deutschland.

Die Sicherheitsvorkehrungen der Handels- und Konsumgüterunternehmen werden dem besonderen Täterkreis allerdings kaum gerecht. So haben nur 18 Prozent der Branchenunter­nehmen in Deutschland ein Compliance-Programm zur Regelüberwachung und -durchsetzung, branchenübergreifend haben in Deutschland hingegen 37 Prozent der Unternehmen ein entsprechendes Regelwerk. Eine Hotline für Hinweise auf Straftaten haben nur elf Prozent der Handels- und Konsumgüterunternehmen (alle Unternehmen in Deutschland: 22 Prozent), über ein systematisches Risiko­management verfügen nur 31 Prozent (alle Unternehmen in Deutschland: 45 Prozent) der Befragten.

(Quelle: PricewaterhouseCoopers)

 

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