Finanzen Markt & Meinungen Startseite

 

Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert Scoring-Verfahren

Berlin, 04.08.2008 11:09 Uhr (redaktion)

Als nicht ausreichend kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) die im Kabinett beschlossenen Neuregelungen zum Einsatz von Scoring-Verfahren. "Verbraucher werden auch in Zukunft nicht erfahren, warum sie von Unternehmen in welche Schubladen gesteckt werden", befürchtet Cornelia Tausch, Fachbereichsleiterin Wirtschaft.

Ziel der Änderungen im Bundesdatenschutzgesetz ist es, transparente Regeln für den Einsatz von Scoring-Verfahren zu schaffen. Tausch: "Die heute (30.07.2008) beschlossenen Maßnahmen stellen einen richtigen Schritt dar, laufen aber Gefahr, das Ziel zu verfehlen." Die Verbraucherschützer appellieren jetzt an die Bundestagsfraktionen, sich für Bewertungsverfahren einzusetzen, die den ungezügelten Einsatz von Scoring-Verfahren begrenzen und die Transparenz der Verfahren spürbar verbessern.

Scoring-Verfahren werden verwendet, um die Kreditwürdigkeit, die Zinskonditionen und die Versicherungsprämie zu errechnen. Zunehmend entscheiden sie auch darüber, ob Verbraucher einen Telefon- oder Mietvertrag erhalten. Dabei werden Informationen über das Zahlungsverhalten ebenso herangezogen wie pauschale Kriterien wie Wohnadresse, Alter, Familienstand oder Beruf. Eine vom Verbraucherzentrale Bundesverband im Januar 2008 vorgelegte Studie hat massive Defizite bei der Anwendung von Scoring-Verfahren zu Tage gefördert.

Das Ergebnis: Die Verfahren objektivieren nicht unternehmerische Entscheidungen, sondern werden intransparent eingesetzt. Zudem verstoßen Anbieter gegen das Datenschutzrecht, indem sie sich in ihren Einschätzungen ausschließlich auf die Scoring-Ergebnisse verlassen. "Die Suche nach einem für die Verbraucher individuell passenden Angebot gleicht durch den Einsatz von Scoring-Verfahren zunehmend einem Glücksspiel", sagt Tausch.

Verwundert und verärgert ist der Verbraucherzentrale Bundesverband darüber, dass in letzter Sekunde Verbesserungen für Verbraucher aus dem Gesetzentwurf gestrichen wurden. Im Juni sah der Gesetzesentwurf noch vor, dass Unternehmen und Auskunfteien, die Scoring-Verfahren verwenden, den Verbrauchern konkret und nach Priorität gestaffelt darlegen müssen, welche Faktoren für ihre Entscheidungen maßgeblich waren. Diese klare Regelung wurde durch eine auslegungsbedürftige, schwammige Formulierung ersetzt. "Anstatt den mündigen Verbraucher zu fördern, der über die Spielregeln des Marktes informiert ist, bleibt der Verbraucher weiterhin Opfer maschineller Datenverarbeitung", so Tausch. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung in diesem so entscheidenden Punkt nachgegeben habe.

Nicht nur der Einsatz von Scoring-Verfahren schürt die Sorge der Verbraucher vor einem Missbrauch ihrer persönlichen Daten. Die Skandale bei Lidl und der Telekom, RFID-Chips, der ePass, die Gesundheitskarte oder der Datenklau im Internet verursachen ebenfalls Unbehagen. Laut Eurobarometer vom Februar 2008 haben 86 Prozent der deutschen Verbraucher kein Vertrauen in die Praxis des Datenschutzes. "Datenschutz muss endlich praktisch gelebt werden und darf nicht den Gerichten überlassen werden", so Tausch. Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert daher, dass die Bundesregierung die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes auch dazu nutzt, den Schutz der Verbraucher insgesamt zu stärken.

(Auszug vzbv-Veröffentlichung)

 

» Zur Startseite von Finanzen Markt & Meinungen