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Die Teilrente: Alternative zum sanften Abschied aus dem Arbeitsleben

Köln, 29.10.2007 10:26 Uhr (redaktion)

Um der Rente mit 67 etwas entgegenzusetzen, suchen Gewerkschaften und Sozialpolitiker nach neuen Wegen für einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Erwerbsleben. Eine Verlängerung der geförderten Altersteilzeit ist dafür allerdings keine Alternative: Sie wird kaum für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand genutzt und brachte Arbeitslosen wenig Chancen. Eine andere Möglichkeit für den sanften Abschied aus dem Erwerbsleben gibt es schon längst – die vorgezogene Teilrente.

Kaum ist der Übergang zur Rente mit 67 in trockenen Tüchern, da suchen Gewerkschaften und Sozialpolitiker wieder nach Wegen, den Arbeitnehmern die Zeit bis zum Ruhestand zu verkürzen. Ganz oben auf der Wunschliste: die Verlängerung der geförderten Altersteilzeit. Denn die wird nach derzeitigem Stand nur noch für Arbeitnehmer gewährt, die bis Ende 2009 eine entsprechende Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber treffen.

Beschäftigte erst später in Rente zu schicken, ist allerdings angesichts immer älter werdender Menschen angebracht: Die Lebenserwartung 60-jähriger Männer ist seit 1970 um fünf Jahre auf letztlich 80 Jahre gestiegen, die gleichaltriger Frauen um 5,3 Jahre auf 84,1 Jahre.

Gleichzeitig gehen die Arbeitnehmer aber unverändert früh in Rente: Im Jahr 1970 in Westdeutschland durchschnittlich mit 61,5 Jahren, 2006 mit 61,4 Jahren. Das geht zulasten der Sozialkassen, die immer mehr Ältere versorgen, in die jedoch immer weniger junge Menschen einzahlen. Die bisherige Altersteilzeit bringt arbeitsmarktpolitisch wenig, und sie kommt die Beitragszahler teuer zu stehen. Sie sollte nicht verlängert werden. Die Gründe im Einzelnen:

Kein gleitender Übergang. Von den zwei Varianten der Altersteilzeit, der echten Teilzeitbeschäftigung und der sogenannten Blockzeit, ist vor allem Letztere gefragt: Die zukünftigen Rentner arbeiten die Hälfte der Zeit bis zu ihrer Pensionierung noch in Vollzeit, die andere Hälfte sind sie freigestellt.


 

Derzeit nehmen fast neun von zehn Altersteilzeitlern das Blockzeitmodell in Anspruch.


 

Von einem gleitenden Übergang in den Ruhestand kann also keine Rede sein. Vielmehr wird Altersteilzeit überwiegend genutzt, um vorzeitig aus dem Erwerbsleben zu scheiden.

Üppige Förderung. Das Teilzeitentgelt muss der Arbeitgeber laut Gesetz um 20 Prozent aufstocken, Rentenversicherungsbeiträge werden sogar auf 80 Prozent des ursprünglichen Vollzeitniveaus berechnet. Mancher Tarifvertrag legt noch etwas obendrauf.

Der Altersteilzeitler verliert durch die Aufstockungen kaum Ansprüche bei der gesetzlichen Rente. Weil die Zuschüsse zudem steuer- und sozialabgabenfrei sind, halbiert sich der Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung, und das bei nahezu unverändertem Leistungsanspruch. Unterm Strich also eine attraktive Lösung für den Altersteilzeitler, die allerdings die Beitragszahler im aktuellen Umlagesystem teuer bezahlen.

Altersteilzeit
Altersteilzeit
Altersteilzeit Chart2
Altersteilzeit Chart2


 

Der Anteil der erfolgreich eingegliederten Arbeitslosengeld-I-Empfänger an allen geförderten AltersteilzeitStellen schrumpfte von über 51 Prozent im Jahr 1997 auf gerade einmal gut 22 Prozent im Juni 2007.


 

Knapp 53 Prozent der frei werdenden Jobs besetzten frisch Ausgebildete, weitere 4,7 Prozent neue Azubis. Ob die aber ohne die staatliche Schützenhilfe arbeitslos geworden wären, bleibt offen. Die Förderung geht also immer mehr an der ursprünglichen Zielgruppe vorbei.

Die geförderte Altersteilzeit sollte daher in ihrer jetzigen Form auslaufen – sie wird kaum für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand genutzt und belastet die übrigen Beitragszahler.

Dennoch haben Betriebe und Arbeitnehmer im Einzelfall ein Interesse daran, den Übergang in den Ruhestand flexibel zu gestalten. Eine sinnvollere Möglichkeit dafür gibt es längst:

Teilrente und Teilzeit. Wer im Alter nicht mehr voll arbeiten möchte, der muss nicht gleich in den Vorruhestand wechseln.


 

Derzeit können Arbeitnehmer ab einem Alter von 62 Jahren ihren bis dahin erreichten Rentenanspruch zu einem Drittel, zur Hälfte oder zu zwei Dritteln in Anspruch nehmen.


 

Für jedes Jahr vorzeitigen Rentenbezugs werden 3,6 Prozent Abschlag einbehalten – allerdings nur bezogen auf die Teilrente, also den Anteil, der vorzeitig ausbezahlt wird. In der Regel reicht der zwar nicht zum Leben, erleichtert aber die Entscheidung, nicht mehr den ganzen Tag arbeiten zu gehen.

Allerdings wird die Teilrente bislang kaum genutzt. Zum einen erweist sich nämlich die subventionierte Altersteilzeit meist als lukrativer. Zum anderen ist der Hinzuverdienst limitiert. Wer mit seinem Teilzeitentgelt die Hinzuverdienstgrenze überschreitet, dem droht eine Rückstufung auf die nächstkleinere Teilrente – also zum Beispiel von der Hälfte auf ein Drittel.

Und bei der Ermittlung dieser Grenzen wird es richtig kompliziert. Sie ergeben sich für jeden Versicherten individuell – unter anderem aus dem Verhältnis des eigenen Vollzeitverdienstes zum Durchschnittsentgelt während der letzten drei Jahre.

Bezieht ein westdeutscher Durchschnittsverdiener zum Beispiel ab einem Alter von 62 Jahren eine halbe Rente, so bekommt er nach Abzug des Vorruhestandsabschlags derzeit 492 Euro pro Monat (Tabelle). Daneben darf er 1.379 Euro monatlich hinzuverdienen – zuzüglich zweier anrechnungsfreier Sonderzahlungen pro Jahr, jeweils bis zur Höhe eines Monatsverdienstes. Lässt man Renten- oder Lohnsteigerungen während der folgenden drei Jahre außer Acht, so kommt er bis zu seinem 65. Geburtstag auf ein monatliches Bruttoeinkommen von rund 2.100 Euro. Das sind nach vorläufigen Schätzungen des Bundessozialministeriums rund 380 Euro pro Monat weniger als ein durchschnittliches Vollzeitentgelt. Dafür gilt dann aber drei Jahre lang die Devise: Nachmittags Füße hoch.

Teilrente
Teilrente

Zählt der Teilzeitler 65 Lenze, bekommt er auch die zweite Hälfte der Rente ausgezahlt – ohne Abschläge und plus der Ansprüche, die er während der Teilzeitbeschäftigung noch erworben hat. Insgesamt beträgt die Altersrente dann 1.095 Euro pro Monat.

Ein Durchschnittsverdiener, der bis 65 Jahre weitergearbeitet hat, sieht auf seinem Kontoauszug gerade einmal 87 Euro mehr im Monat. Im Gegensatz zur subventionierten Altersteilzeit wird die Teilrente also nicht nur den Belangen der Unternehmen gerecht – dem Betrieb bleibt die Erfahrung und das Wissen der Mitarbeiter länger erhalten –, sondern auch die Beitragszahler werden geschont. Denn die Bundesagentur für Arbeit leistet keinen Zuschuss und die Teilrentner zahlen immer noch Beiträge an die Sozialversicherungskassen.

Damit die Teilrente in Zukunft attraktiver wird, sollte der Gesetzgeber aber die Ermittlung der Hinzuverdienstgrenze einfacher gestalten und für Arbeitnehmer und Arbeitgeber transparenter machen.

 

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