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Fed Präsident Ben Bernanke reduziert Zielsatz auf 4,75 Prozent

Frankfurt/Main, 19.09.2007 08:54 Uhr (reuters)

Die US-Notenbank Fed sorgt sich wegen der US-Immobilienkrise um die Gesamtwirtschaft und hat deshalb die Leitzinsen aggressiv gesenkt.

Die Währungshüter um Präsident Ben Bernanke reduzierten am Dienstag den für die Refinanzierung der Banken zentralen Zielsatz für Tagesgeld um 50 Basispunkte auf 4,75 Prozent - die erste Zinssenkung seit mehr als vier Jahren. Dies war ein größerer Schritt als von vielen Experten erwartet und zeigt, dass die Fed die Wirtschaft entschlossen vor den Folgen der Hypothekenkrise abschirmen will. Die US-Aktienmärkte reagierten mit einem Kurssprung, der Euro kletterte auf ein neues Rekordhoch von fast 1,40 Dollar.

Die einstimmige gefällte Entscheidung solle verhindern, dass die Immobilienkrise die Gesamtwirtschaft in Mitleidenschaft ziehe, erläuterten die Zentralbanker. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten hätten die Gefahren für die Konjunktur erhöht. Die Verschärfung der Kreditkonditionen könne den Preisverfall am Häusermarkt verstärken und das Wachstum der Gesamtwirtschaft bremsen. Die Fed will nun die Auswirkungen der Hypothekenkrise auch auf den Bankensektor beobachten und falls nötig weitere Schritte ergreifen.

Die Finanzmärkte hielten nach der Entscheidung bereits eine weitere Zinssenkung im kommenden Monat für wahrscheinlich. "Es ist eindeutig, dass die Fed eine Rezession verhindern will", sagte Alan Skrainka von Edward Jones. "Das ist der lange herbeigesehnte Anfang einer Serie von Zinssenkungen."

Zuletzt hatten sich in den USA die Anzeichen gemehrt, dass die Krise am Immobilienmarkt auch die Gesamtwirtschaft beeinträchtigt. So war im August völlig unerwartet die Zahl der Arbeitsplätze in den USA gesunken, was sogar Rezessionsängste entfacht hatte. Deshalb legt die Fed nun ihr Hauptaugenmerk darauf, die Wirtschaft am Laufen zu halten - anstatt sich wie bislang vor allem auf die Inflationsbekämpfung zu konzentrieren.

Viele Experten lobten das "mutige" Vorgehen der Fed. Die Notenbanker hätten mit der Zinssenkung bewiesen, dass sie vorausschauend den konjunkturellen Gefahren vorbeuge und habe damit möglicherweise sogar eine Rezession abgewendet, hieß es. Gleichzeitig wurde jedoch auch Kritik laut. So warnten einige Volkswirte, die aggressive Zinssenkung könne den Eindruck von Panik vermitteln. Zudem verliere die Fed als Bekämpferin der Inflation an Glaubwürdigkeit. Einige Experten bemängelten zudem, dass die Fed besonders risikofreudigen Anlegern nun die verdiente Strafe erspare.

Der Zielsatz für Tagesgeld steuert die Höhe der Zinsen für Kredite zwischen den Banken und ist damit der zentrale Leitzins der USA. Den Diskontsatz, zu dem sich Banken direkt bei der Fed Geld leihen können, senkte die Notenbank ebenfalls um 50 Basispunkte auf 5,25 Prozent. Die Fed hatte den Diskontsatz bereits im August inmitten der Krise völlig unerwartet zwischen zwei regulären Sitzungen um einen halben Prozentpunkt reduziert.

Die Fed und auch andere Notenbanken weltweit hatten wegen der Turbulenzen in den vergangenen Wochen bereits mehrfach Milliardensummen in den Geldmarkt gepumpt. Sie reagierten damit auf die Vertrauenskrise im Bankensektor: Die Institute liehen sich zuletzt auch untereinander kaum mehr Geld. Auslöser war die Krise am US-Immobilienmarkt im Zuge steigender Zinsen und sinkender Häuserpreise. Von der Fed-Zinssenkung erhoffen sich daher viele Anleger auch hier eine Entspannung.

Zuletzt hatte die Fed den entscheidenden Zielsatz für Tagesgeld im Juni 2003 gesenkt. Dies war damals der Schlussstrich unter einer Serie von 13 Zinssenkungen in zweieinhalb Jahren, die die Kreditkosten auf ein Tief von ein Prozent gedrückt hatten. Die letzte Zinserhöhung nahm die Fed im Juni letzten Jahres vor.

In der Euro-Zone beträgt der Schlüsselzins derzeit 4,0 Prozent. Die Europäische Zentralbank wollte ursprünglich die Kredite bereits Anfang des Monats weiter verteuern - diese Absicht machten jedoch die Turbulenzen an den Kreditmärkten zunichte. Im Gegensatz zu den USA ist eine Zinssenkung bislang in der Euro-Zone nicht in Sicht - Experten erwarten vielmehr noch vor Jahresende eine weitere Zinserhöhung.

 

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