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DDI weist Kritik an Zertifikaten zurück: Markt ausreichend reguliert

Frankfurt/Main, 13.09.2007 13:56 Uhr (Stellungnahme von Dritten)

In den letzten Monaten ist das deutsche Zertifikategeschäft mehrfach kritisiert worden. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hat den Zertifikatemarkt in Ihrem „Schwarzbuch Börse“ bereits zwei Mal angegriffen. Kritische Presseartikel sind im Manager Magazin und der Wirtschaftswoche erschienen. Die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen hat einen Antrag zur Stärkung des Anlegerschutzes bei Zertifikaten gestellt und darin eine Reihe von Forderungen an den Markt formuliert.

Nachfolgend eine Stellungnahme des DDI:
Das Deutsche Derivate Institut weist die von Anlegerschutzverbänden, Bündnis90/Die Grünen und einzelnen Medien vorgebrachte Kritik am deutschen Zertifikatemarkt zurück.

Das Deutsche Derivate Institut hat sich mit den Kritikpunkten und Forderungen auseinandergesetzt und nimmt zu den einzelnen Punkten im Folgenden Stellung:

Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) ist am 1. Juli 2005 in Kraft getreten. Es geht auf die Europäische Prospektrichtlinie zurück, die europaweit mit einem harmonisierten Verfahren Anlegerschutz herstellen soll. Bevor Wertpapiere öffentlich angeboten werden können oder die Zulassung in einem organisierten Markt erfolgen kann, ist die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung eines Prospektes zu gewährleisten. Der Aufbau ist vorgegeben. Die BaFin prüft Kohärenz, Lesbarkeit und Verständlichkeit. Angaben in Werbeanzeigen dürfen nicht im Widerspruch zum Prospekt stehen. Wenn Emittenten ihren Pflichten nicht nachkommen, kann die BaFin bei Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß §30 WpPG Bußgelder verhängen.

Vertrag ohne Sicherheit wegen nachträglicher Änderung der Prospektangaben (SdK)
Änderungen von Emissionsprospekten sind nur unter den folgenden Voraussetzungen möglich:

a) Im Rahmen des § 16 WpPG kann der Emittent in der Angebotsphase (Zeichnungsfrist) wichtige neue Umstände oder wesentliche Unrichtigkeiten in Bezug auf die im Prospekt enthaltenen Angaben nachtragen. Dem Anleger steht in diesem Fall ein Widerrufsrecht zu, wenn er die unter einem solchen Emissionsprospekt begebenen Wertpapiere vor der Veröffentlichung des Nachtrags erworben hat.

b) Emittenten von derivativen Wertpapieren behalten es sich in der Regel in den Emissionsbedingungen vor, offensichtliche Schreib- oder Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten sowie widersprüchliche oder lückenhafte Bestimmungen in den Emissionsbedingungen zu korrigieren, wobei in den unter genannten Fällen nur solche Änderungen bzw. Ergänzungen zulässig sind, die unter Berücksichtigung der Interessen der Emittentin für die Zertifikatsinhaber zumutbar sind, insbesondere die finanzielle Situation der Zertifikatsinhaber nicht wesentlich verschlechtern. Offensichtliche Schreiboder Rechenfehler i.S.v. beziehen sich beispielsweise auf den Basiskurs oder das Bezugsverhältnis der Produkte, wobei sich die Offensichtlichkeit des Fehlers in der Regel aus dem deutlich fehlenden Preis/ Leistungsverhältnis des fehlerhaft dargestellten Produktes ergibt. Dem Anleger steht in diesem Fall der Rechtsweg vor ein Zivilgericht offen, wenn er die Offensichtlichkeit des Fehlers bestreitet.

Um das Bonitätsrisiko von Emittenten für Anlegerinnen und Anleger zu begrenzen, müssen Mindestanforderungen, beispielsweise hinsichtlich des haftenden Eigenkapitals oder der Einstufung durch renommierte Ratingagenturen, definiert werden. Anbieter mit geringer Bonität sollte die Möglichkeit des öffentlichen Angebots von Zertifikaten untersagt werden. (Bündnis90/Die Grünen)
Verbriefte Derivate werden in Deutschland seit fast 20 Jahren emittiert. Obwohl es bisher keinen Schuldnerausfall gegeben hat, weist die Derivatebranche immer wieder aktiv auf das Bonitätsrisiko hin. Entsprechend einer gesetzlichen Anforderung sind in den Verkaufsprospekten Informationen über den Emittenten, die sogenannte Emittentenbeschreibung. Aktuell hat das DDI für seine Mitgliedsinstitute eine Übersicht der aktuellen Einstufung bei den Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moodys und Fitch erstellt. Zusätzlich werden Informationen zu möglichen Garantie- oder Ergebnisabführungsverträgen zum Download bereitgestellt. Die Informationen können auf der Homepage des DDI (www.ddi.de) abgefragt werden. Restriktionen beim öffentlichen Angebot würden den gesamten Markt für Schuldverschreibungen betreffen, da Zertifikate als Inhaberschuldverschreibungen aufgelegt werden.

Die Produktvergleichbarkeit für Anlegerinnen und Anleger muss erleichtert werden. Deshalb ist die Vorgabe einer Klassifizierung zu empfehlen, in welche die Anbieterinnen und Anbieter die von ihnen emittierten Zertifikate einordnen müssen. Diese Klassifizierung ist gemeinsam mit den Emittenten zu erarbeiten. (Bündnis90/Die Grünen)
Bereits mit Gründung des DDI im Dezember 2003 haben wir in Abstimmung mit den Emittenten eine Segmentierung des Marktes für derivative Wertpapiere vorgenommen. Diese Klassifizierung wurde gemeinsam mit den Börsen Frankfurt und Stuttgart sowie den Wertpapiermitteilungen umgesetzt. Im letzten Jahr wurde die Segmentierung um die Gruppe der Express-Zertifikate erweitert. Das DDI wird auch weiterhin an einer Fortentwicklung der Segmentierung arbeiten.

Das den meisten Zertifikaten innewohnende Problem der Kostenintransparenz muss gegenüber den Anlegerinnen und Anlegern offengelegt werden. Sowohl in den Verkaufsprospekten, Verkaufsunterlagen, als auch in Werbeanzeigen müssen potentielle Anleger vor möglicherweise unsichtbaren Preisaufschlägen, die zu verringerten Renditeaussichten führen, gewarnt werden. (Bündnis90/Die Grünen)

Hohe, versteckte Bankmargen schädigen langfristige Anleger (SdK)

Exorbitante Margen, hohe Kosten (Manager Magazin)
Ausgabeaufschläge oder Managementgebühren werden von den Emittenten im Prospekt benannt. Auch Angaben zu Vertriebsprovisionen werden von einigen Emittenten im Prospekt gemacht. Spätestens mit dem Urteil des BGH zu Fondsprovisionen vom 19. Dezember 2006 (Az: XI ZR 56/05) ist aber ohnehin klar geworden, dass der Vertrieb seine Kunden von sich aus auf alle vereinnahmten Provisionen hinweisen muss. Die Umsetzung der MiFID durch das FRUG (FinanzmarktRichtlinieUmsetzungsGesetz) verstärkt diese Pflicht, da Provisionszahlungen, um überhaupt zulässig zu sein, einer Rechtfertigung bedürfen.

Dividenden landen regelmäßig beim Emissionshaus (SdK)

Kein sauberes Spiel mit Discountzertifikaten – Vorenthaltung der Dividende – Übervorteilung der Anleger (Manager Magazin)
Dividenden werden von den Emittenten zur Finanzierung von Garantie-, Bonus- oder Discountmechanismen verwendet. Diese Mechanismen reduzieren je nach Ausgestaltung das Risiko der Anlage oder verbessern die Renditechance. Im Ergebnis realisieren die Anleger statt eines Dividendenertrags einen Kursgewinn. Dieser Kursgewinn kann im Gegensatz zur Dividende nach der aktuellen Steuergesetzgebung bei einer Haltedauer von 12 Monaten steuerfrei vereinnahmt werden.

Mit Zertifikaten wird Vermögen vernichtet. „Zertifikatezock“: Zertifikate sind Kunstprodukte, die Wetten auf und in nahezu jedem Markt ermöglichen (Manager Magazin)
Die Wertentwicklung von Zertifikaten ist an ihre Basiswerte gekoppelt. In der Mehrzahl besitzen Zertifikate, gerade auch die Produktfamilie der Anlagezertifikate, gegenüber ihren Basiswerten jedoch ein geringeres Risiko. Diese Risikoreduktion bezahlt der Anleger durch einen Renditeverzicht, indem er je nach Ausgestaltung auf hohe Kursgewinne oder Dividenden verzichtet. Sicherheitsorientierte Anlagezertifikate dürfen jedoch nicht mit Hebelprodukten wie den so bezeichneten Turbo-Zertifikaten verwechselt werden. Bei dieser sehr spekulativen Produktform kann es zu erheblichen Vermögensverlusten bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals kommen. Tatsächlich decken Zertifikate ein immer größeres Anlageuniversum ab. Damit werden für Privatanleger neue Märkte wie z.B. Rohstoffe oder Emerging Markets zu erschwinglichen Transaktionskosten zugänglich. Von hoher Bedeutung ist auch, dass die Auszahlungsprofile von Zertifikaten gerade dem Bedüfrnis von Privatanlegern nach mehr Sicherheit entgegenkommen.

Der Handel mit Zertifikaten muss transparenter gestaltet werden. Es sollte ebenso wie bei den Aktien eine umfassende Vor- und Nachhandelstransparenz sowohl an organisierten Märkten, also den Börsen, als auch bei außerbörslichen Handelsplattformen, wie z.B. Handelsplätzen für Kunden innerhalb einer Bank, gesetzlich verankert werden. (Bündnis90/ Die Grünen)

Preise von Emittenten gestellt und kein Entstehen durch Angebot und Nachfrage (Manager Magazin)
Im Handel mit Zertifikaten hat sich das Market Making durch den Emittenten bewährt. Der Emittent fühlt sich für sein Produkt verantwortlich und stellt dem Markt kontinuierlich Quotierungen zur Verfügung. Optionsbörsen wie die Eurex zeigen, dass Märkte ohne kontinuierliche Quotierungen durch einen Market Maker die Handelsbedingungen für Privatanleger erschweren. Auch die sehr hohe Produktzahl von aktuell 233.000 legt ein Market Maker System nahe, da ansonsten viele Produkte mit exorbitanten Spreads quotiert würden oder gar keine Quotes verfügbar wären. Die Vorhandelstransparenz des Marktes ist hoch, da die Quotierung des Market Makers im Gegensatz zu anderen Wertpapiergattungen außerbörslich und an der Börse realtime und kostenfrei zur Verfügung steht. Offene Orderbücher an den Börsen würden die Kursqualität zu Lasten der Privatanleger schädigen, da institutionelle Marktteilnehmer ihre bessere Marktnähe ausnutzen könnten. Schon seit November 1999 stellt die Börse Stuttgart auf ihrer Homepage (www.boerse-stuttgart.de) die historischen Quotierungen sämtlicher im Handelssegment Euwax gelisteter Wertpapiere kostenfrei zur Verfügung. Da die Market Maker Quotes im außerbörslichen Handel identisch sind, ist eine lückenlose Rückverfolgung der Quotierungen bis November 1999 möglich.

Der Handel mit Zertifikaten muss den Anlegerinnen und Anlegern zu den vereinbarten Handelszeiten stets möglich sein. Hierzu ist eine kontinuierliche Quotierungspflicht der Anbieter die Voraussetzung. Eine Entbindung von dieser Pflicht sollte nur in außergewöhnlichen Situationen wie z.B. bei Börsencrashs möglich sein, wenn ein faires Market-Making schlicht nicht durchführbar ist. Werden Quotes für Kauf- oder Verkaufsaufträge unter Hinweis auf technische Komplikationen mit zeitlicher Verzögerung gestellt, sind den Anlegerinnen und Anlegern dadurch entstandene Schäden zu ersetzen. (Bündnis90/Die Grünen)
An den Börsen sind die Banken verpflichtet, fortlaufend während den definierten Handelszeiten, meist von 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr, Quotierungen zur Verfügung zu stellen. Auf die Einhaltung dieser Regel achten die Handelsüberwachungsstellen. Ausnahmen von dieser Regel sind bei technischen Störungen oder extremen Kursbewegungen möglich. Von den Emittenten gemeldete Handelsbeschränkungen werden von den Börsen im Internet veröffentlicht. Die Forderung, Entbindungen von dieser Pflicht nur bei Börsencrashs zuzulassen, hilft nicht weiter, da sich Crashs nicht im Vorhinein ankündigen. Das DDI hat schon in 2006 mehr Informationen zu Quotierungsaussetzungen gefordert. Ziel der Forderung war und ist es, Kunden Informationen zu Zeitpunkt, Grund und Dauer der Aussetzung zu liefern. In Form einer umfassenden Performancemessung wird diese Forderung inzwischen von den Börsen Frankfurt und Stuttgart umgesetzt.

Die Regelungen für die Behandlung von fehlerhaften Handelsgeschäften mit Zertifikaten, z.B. weil Preise nicht marktgerecht festgestellt wurden, sogenannte Mistrade-Regelungen, an Handelsplätzen für Zertifikate sind an internationale Standards anzupassen. Insbesondere die Einführung einer klaren Definition eines Mistrades – eines fehlerhaften Handelsgeschäfts - ist unabdingbar. Existierende Ermessensspielräume zugunsten der Marktbetreiber müssen hier konkreten und objektiv nachvollziehbaren Schwellenwerten weichen. (Bündnis90/Die Grünen)

Notausstieg Mistrade-Verfahren, Mistradeanträge werden zu fast 100% von Emissionsbanken zu Lasten von Anlegern gestellt (SdK)
Handelsgeschäfte dürfen nach den „Mindestanforderungen für das Betreiben von Handelsgeschäften“, einer Anforderung der BaFin, nur zu „marktgerechten Konditionen“ getätigt werden. Kommen an der Börse, oder in außerbörslichen Handelssystemen Geschäftsabschlüsse zustande, die dieser Anforderung nicht entsprechen, müssen diese rückabgewickelt werden. Einzelheiten sind in sogenannten Mistrade-Regeln festgehalten. Fehlorders oder auch Mistrades sind selten. Bei einer geschätzten Zahl von rund 30.000 Geschäften täglich und bei mehr als 7,5 Millionen Transaktionen jährlich belief sich die Quote der Mistradesachverhalte im Jahr 2006 an der Börse Stuttgart auf nur 0,003 Prozent. Gegenüber 2005 ist die Zahl damit auf sehr niedrigem Niveau nahezu unverändert geblieben. Die Erfahrung mit Schwellenwerten hat gezeigt, dass es zu einer permanenten Ausnutzung durch semi-professionelle und professionelle Investoren kommt. Dass die Mistradeanträge zu fast 100% von Emissionsbanken gestellt werden, verwundert nicht, da die Emittenten anders als ihre Kunden permanent für 233.000 Wertpapiere Quotierungen zur Verfügung stellen. Kommt es zu fehlerhaften und für den Kunden nachteiligen Orderausführungen, ist es meist freiwillige Praxis der Emittenten, den Nachteil zu kompensieren. Ein Vergleich mit internationalen Standards hinkt, da Deutschland der größte Zertifikatemarkt weltweit ist.

Zertifikatesterben durch Knock-Outs (Wirtschaftswoche)
In der Segmentierung des DDI wird klar zwischen Hebelprodukten und Anlageprodukten unterschieden. Mit dem Begriff des Zertifikats wird allgemein das zu den konservativen Anlageprodukten zählende Anlagezertifikat bezeichnet. Allerdings existieren auch sogenannte Hebelzertifikate, die zu den spekulativen Hebelprodukten zählen. Die DDI-Segmentierung führt Hebelzertifikate unter dem Begriff „Knock-Out-Produkte”. Es entspricht dem Charakter dieser Wertpapiere, dass es immer wieder zu Knock-Out-Ereignissen kommen kann, die mit einem Stopp-Loss vergleichbar sind. Der immer wieder in der Presse aufkommende Eindruck, dass der Kursrutsch zu einem „Massensterben“ bei (Anlage-)Zertifikaten geführt habe, ist daher nicht sachgerecht. Bei den Hebelprodukten wiederum bedeuten Knock-Outs bei Calls auch große Kursgewinne bei Puts und umgekehrt.

Die Bank gewinnt beim Knock-Out (Wirtschaftswoche)
Die These, dass Emittenten im Falle eines Knock-Out-Ereignisses grundsätzlich Geld verdienen, ist falsch. Zwar ist es richtig, dass dem Emittenten beim Knock-Out eingepreiste Zinsen (je nach Basiswert abzüglich Dividenden), sowie eingepreiste Risikomargen zufließen. Diesen Erträgen steht aber das Risiko eines Gaps gegenüber. Damit sind über Nacht auftretende heftige Kursbewegungen gemeint, die ein Auflösen von Hedging-Positionen nur unter Inkaufnahme erheblicher Kursverluste zulassen.

DDI, Frankfurt am Main, den 13. September 2007

Über das Deutsche Derivate Institut e.V.
Das Deutsche Derivate Institut (DDI) e.V. wurde am 15. Dezember 2003 als Verein der Emittenten verbriefter Derivate gegründet. Seine wichtigste Aufgabe besteht in der Förderung der Marktes und der Akzeptanz von Zertifikaten, Aktienanleihen und Optionsscheinen in Deutschland. Zu den Mitgliedern des DDI zählen ABN Amro, Baader Wertpapierhandelsbank, BHF Bank, BNP Paribas, Börse Stuttgart, CITI, Commerzbank, EUWAX, finanztreff.de, Landesbank Baden-Württemberg, OnVista, Société Générale und Vontobel.

Anmerkung der Redaktion:
Diese Stellungnahme stellt die Meinungen des DDI dar und nicht die unserer Redaktion. Wir ermöglichen dem DDI ausschließlich die Veröffentlichung.

 

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